9. Tag – 25. Juli

Von Budsjord nach Fokstugu Fjellstue, 14 km, 550m hoch, 220m runter, 6:10 Uhr gestartet, 11 Uhr Ankunft, Weghöhe 640m bis 1.210m

Dieses Schild begrüßt und warnt vor der Herausforderung des Nationalparks. Ich denke: Endlich die Landschaft meiner Seele.

Normalerweise ist die Temperatur im Juni, Juli, August 8-10° . Heute waren es 23 grad. Morgen wird es kühler zwischen 19 und 22°. Wir sind mehr Pilger unterwegs als ich dachte, die Herberge ist ausgebucht, aber ich wäre trotzdem nicht reingekommen, weil Hunde nicht zugelassen sind. Bei der Begrüßung erfahre ich, wo ich außerhalb des Terrains mein Zelt aufbauen könnte. Ich setze mich in die Sonne und schreibe Tagebuch. Plötzlich steht die Hofherrin neben mir und teilt mir mit, dass sie sich es überlegt hätte, mich doch aufzunehmen und ein Zimmer für mich und den Hund hätte. Ich bin ziemlich überrascht und erfreut.

Fokstugu Fjellstue

Der Hof liegt wunderschön eingebettet in das weite Fjell-Panorama zwischen dem Fluss Foksae und den Schafsweiden. Auf Fokstugu steht eines der Sælehus des Dovrefjells mit dessen Bau König Øystein Magnusson um 1120 begann. Die mittelalterlichen, zunächst unbewirtschafteten Unterkünfte boten Pilgern Schutz auf den Weg nach Nidaros (Trondheim) vor allem bei der lebensgefährlichen Wanderung über das Fjell.

Laurits Fokstugu betreibt den Hof mittlerweile schon in der elften Generation, zusammen mit seiner Frau Christiane, der herzlichen und gottesfürchtigen Gastgeberin aus Schweden. Vor über zehn Jahren hat das Ehepaar die alte Tradition Pilger aufzunehmen wieder zum Leben erweckt. In dem großen, gemütlichen Haus aus den 1880-er Jahren finden sich Möbel aus allen Jahrhunderten, die Schlafzimmer haben Waschbecken, geteilt werden das Bad, die Gemeinschaftsküche mit Esszimmer und ein geräumiges Wohnzimmer mit Kamin origineller Couch und kleiner Bibliothek.

Das Besondere ist das Gotteshaus in dem täglich morgens und abends Andachten stattfinden.

Und in diesem Haus habe ich geschlafen.

Morgen geht es weiter hoch ins Fjell, in dem ich die nächsten vier Tage pilgern werde.

Lebensmut – oder: Sich dem Schmerz stellen

Warum macht man eine solche Pilgerreise? Für mich ist der klarste Grund die Trauerarbeit. Mehrfach habe ich schon gesagt, dass ich eine neue Lebenslust empfinde, die in der großen Spannung steht mit der großen Traurigkeit, die ich empfinde. In allem fühle ich mich begleitet und geborgen in Gott.

Geborgenheit braucht das Vertrauen in das Leben selbst, dies erfordert von uns, dass wir Schmerz zulassen. Ja, ihm standhalten, wenn er sich bemerkbar macht. Denn nur im Annehmen des Schmerzes, ja sogar beim sich tief hineinfallenlassen ohne wenn und aber, kann Veränderung passieren. Geborgenheit kann ich dann sogar im Schmerz erleben. Gerade indem ich dem Schmerz nicht ausweiche, löst er sich auf. Schmerz annehmen heißt, ihn ganz und gar zu spüren. Das habe ich zum ersten Mal während meiner Initiation erlebt. Und seitdem immer wieder.

Den Weg über festen Felsgrund einschlagen und deshalb ständig aufs Neue den nächsten Schritt wagen.

Meine Erfahrung ist, dass die radikale Umkehr im Leben – in Gottes Gegenwart zu treten und seinen Weg zu wählen – den fruchtbaren Boden für den Lebensmut schafft. Denn es geht darum, sich immer wieder wagemutig für das Leben zu entscheiden. Dies meint eine tiefe Umkehr und den Entschluss, der jeden Tag aufs Neue gefasst werden muss. In meiner Arbeit mit den Männern habe ich mich immer wieder gefragt, was geschehen muss, dass Lebensmut wachsen kann? Was fördert gute Wachstumsbedingungen und kann mich und gleichzeitig andere froh machen? Und dann kann es notwendig werden, sich gegen das Alte, Eingeübte zu entscheiden, das Bild zu verlassen, das ich von mir selbst und der Welt habe. Das erstaunliche daran ist, das dann ein Raum geschaffen wird für Neues und unbekannte Lebensenergien. Der Glaube an Christus als wohlwollender Begleiter gibt mir Kraft für die Lebenswanderung, denn Christus ist verlässlich.

Olaf ist dem Ruf Christi gefolgt. Im Vertrauen hat er Christus Raum in seinem Herzen bereitet. So erfüllte ein ganz neues, anderes Leben ihn. Er hat gegrübelt über die vielen Götter des altnordischen Glaubens, und die christliche Missionare erzählten von einem ewigen, allwissenden und allmächtigen Gott, ein Gott, der die Menschen liebt, ihnen hilft und nicht umgekehrt. Durch den Glauben an Christus bekam Olaf die Kraft, dem Ruf zu folgen, der ihn ereilt hatte.

Diesem Ruf zu folgen ist nicht ganz einfach, manchmal sogar schwierig, aber lohnenswert.

Ich schöpfe daraus Lebensmut, Lebenskraft und Lebenslust.